Eine Vereinsgeschichte mit Höhen und Tiefen – Von der Gründung bis heute
Schon 1865 hatte der Rudersport in der Nachbarstadt Frankfurt am Main (Griesheim war damals noch selbstständig) mit der Gründung des Frankfurter Rudervereins Fuß gefasst und eine steile Aufwärtsentwicklung erfahren. Dieser ersten Vereinsgründung waren bald noch andere gefolgt. Es hatten sich auch ein Regattaverein und mehrere Ruderverbände gebildet.
Aus dieser Situation heraus ist es zu verstehen, dass der Gedanke, in Griesheim einen Ruder-Club zu gründen, nicht in Griesheim selbst entstand, sondern von außerhalb herangetragen wurde. Zum einen suchten die Vereine Gegner für die Regatten, zum anderen bemühten sich besonders die kleinen Ruderverbände, auf diese Art neue Mitgliedsvereine zu bekommen. So erschien am Samstag, dem 6. Januar 1906, im „Griesheimer Anzeiger“ eine Anzeige des „Freien Deutschen Ruderverbandes“ mit dem Aufruf zur Bildung eines Rudervereins in Griesheim.
Dies war der Anlass, dass sich sechs junge Leute, Friedrich Günther, Max Klöden, Wilhelm Boss, Fritz Künker, Adam Noll und Paul Werner untereinander aussprachen und beschlossen, sich dem Rudersport zu widmen. Sie trafen sich am 23. Januar 1906, einem Dienstag, zu einer konstituierenden Versammlung in der „Rosenau“. An diesem 23. Januar, dem Geburtstage des Griesheimer Ruder-Clubs Clubs, wurde offiziell der Beschluss gefasst, einen Verein zu gründen. Der Verein erhielt den Namen „Ruder-Club Griesheim 1906“. Die folgenden Jahre zeigten eine stetige Aufwärtsentwicklung. Bereits vor dem Ausbruch des ersten Weltkrieges hatte der Club im Jahre 1913 einen Bestand von 100 Mitgliedern erreicht. Bis zum Jahre 1914 waren Mannschaften in Mainz, Frankfurt, Koblenz und anderswo am Start. Wertvollster Sieg war der Gewinn des Mittelrhein-Vierers, der mit dem Wanderpreis des Fürsten von Wied, einem Silberschiff, der kostbarsten Trophäe des Mittelrheinischen Regattaverbandes, ausgestattet war. Dieser Preis wurde 1920 zum zweiten Male gewonnen.
Der Beginn des ersten Weltkrieges setzte dem Vorwärtsstreben ein vorläufiges Ende. 25 Mitglieder standen unter den Fahnen, sechs von ihnen kehrten nicht mehr zurück. Zwischen den Kriegen fanden ein reges Vereinsleben und ein erfolgreicher Sportbetrieb statt. Durch den Ausbruch des 2. Weltkrieges kam jegliche Vereinsarbeit mehr oder weniger zu einem Ende. Die Registerführung beim Amtsgericht ruhte mit dem Vermerk „nicht kriegswichtig“ vom Jahre 1942 ab.
Das Kriegsende stellte den Verein vor eine traurige Bilanz: Eine große Zahl von Ruderkameraden waren gefallen, die Mitglieder zum großen Teil evakuiert und in alle Winde zerstreut, das Bootshaus zerstört, alle Vereinsakten vernichtet und der Club selbst durch ein Verbot der amerikanischen Militärregierung, das die Auflösung aller Vereine zum Inhalt hatte, aufgelöst. Lediglich die Sporträume und das Bootsmaterial waren erhalten geblieben. Nach einigen Wochen lockerte die Besatzungsmacht das allgemeine Vereinsverbot und gestattete zunächst den Sportvereinen eine Aufnahme ihrer Tätigkeit.
Langsam begann das Vereinsleben in gesellschaftlicher wie auch in sportlicher Hinsicht wieder Fuß zu fassen. In den Nachkriegsjahren stand selbstverständlich der Wiederaufbau des Bootshauses im Vordergrund und der Sport musste allzu oft zurückstehen. Umso höher sind die Erfolge dieser Zeit zu werten. Zwei davon verdienen besonders hervorgehoben zu werden: Der Mainpokal, den Walter Wagner im Jahre 1952 gewann und der Sieg des Griesheimer Juniorenvierers in Renngemeinschaft mit der Rudergesellschaft Nied im Frankfurter Stadtachter 1953. Nicht ganz unerwähnt sollen auch einige schöne Erfolge des Clubs bei dem traditionsreichen Gerbermühllauf bleiben.
Gegen Ende der sechziger Jahre des vergangenen Jahrhunderts fiel der Ruder-Club Griesheim jedoch langsam einem „Dornröschenschlaf“ anheim. Wie in vielen anderen Vereinen fehlte es auch hier an Nachwuchs. Das Interesse der Mitglieder an den Aktivitäten des Ruder-Clubs ging zurück. So war es kein Wunder, dass die Tore des Bootshauses sich immer weniger häufig öffneten und nachdem man das sog. „Wasserrecht“ wieder zurückgegeben hatte, blieben die Tore für fast 25 Jahre geschlossen. Der Verein stand fast vor der Auflösung. Für die verbliebenen Mitglieder und die jeweilig amtierenden Vorstände war es jedoch eine Verpflichtung, mit den finanziellen Schwierigkeiten zu recht zu kommen, den Besitz zu pflegen und für die Zukunft zu erhalten.
So kam es denn im Jahre 1994 wieder dazu, dass eine kleine Gruppe von Mitgliedern, die sog. „Montagsgruppe“, den Verein wieder zum Leben erweckte, indem sie mit enormen zeitlichen und körperlichen Einsatz das Vereinsgelände, das Clubhaus, die Bootshalle und die verbliebenen Boote renovierten und sanierten. Der Ruderbetrieb wurde 1996/97 wieder aufgenommen und einige gebrauchte und neue Boote beschafft. Die Mitgliederzahl erholte sich nach und nach wieder.
Zu seinem 100-jährigen Jubiläum im Jahre 2006 hatte der Verein bereits wieder über 100 Mitglieder. Heute sind auf dem Main zahlreiche Boote unter den blau-weißen Farben des Griesheimer Ruder-Clubs unterwegs. Eine beträchtliche Anzahl Aktiver jeden Alters rudern wieder im Verein. Der Schwerpunkt liegt in den Bereichen des Freizeitruderns und der Mastersrennen. Es werden alle Bootsklassen bis hin zum Achter gefahren und neben dem Trainingsbetrieb finden für Interessierte auch mehrmals im Jahr Wanderruderfahrten statt. Besonders auch engagiert sich der Ruder-Club Griesheim beim Schülerrudern mit der Betreuung dreier Schulen im Frankfurter Westen.